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Grundlagen der Betriebsübernahme und Förderung

Überblick über Betriebsübernahmen im Handwerk

Die Übernahme eines bestehenden Handwerksbetriebs unterscheidet sich grundlegend von einer Neugründung. Während bei einer Neugründung alles von Grund auf aufgebaut werden muss, bietet eine Übernahme den Vorteil, ein bereits etabliertes Unternehmen mit bestehender Infrastruktur, Kundenstamm und Mitarbeitern zu übernehmen. Dies bringt jedoch auch Herausforderungen wie die Integration in bestehende Strukturen und die Bewältigung möglicher Altlasten mit sich. Ein detaillierter Einblick in die Historie des Betriebs, bestehende Verträge und laufende Projekte ist unerlässlich, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Zudem sollte die Übernahme mit einem klaren Plan für die ersten 100 Tage beginnen, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten.

Vertiefte Förderungsmöglichkeiten

Förderprogramme im Überblick

Es gibt zahlreiche Förderprogramme auf nationaler und regionaler Ebene, die die Übernahme von Handwerksbetrieben unterstützen. Nationale Programme zielen häufig auf die allgemeine Förderung von Unternehmertum ab. Dazu gehören beispielsweise die KfW-Förderbank, die Gründerzuschüsse und ERP-Darlehen anbietet. Regionale Programme der Bundesländer gehen oft auf die besonderen Bedürfnisse der jeweiligen Region ein, wie zum Beispiel das bayrische Förderprogramm „Digitalbonus Bayern“, das kleine und mittlere Unternehmen bei der Digitalisierung unterstützt. EU-Fördermittel wie der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) bieten zusätzliche Unterstützungsmöglichkeiten, die speziell für die Förderung von strukturschwachen Regionen gedacht sind. Auch Corona-Sonderprogramme haben in den letzten Jahren eine wichtige Rolle gespielt, um Unternehmen durch die Krise zu helfen und bieten teilweise noch immer Unterstützung.

Kombinationsmöglichkeiten verschiedener Förderungen

Viele Förderprogramme lassen sich kombinieren, um eine optimale Finanzierung sicherzustellen. Ein typisches Beispiel ist die Dreifachkombination aus Gründerzuschuss, ERP-Darlehen und Bürgschaft: Der Gründerzuschuss sichert zunächst den Lebensunterhalt des Gründers für die ersten sechs Monate mit einem monatlichen Zuschuss von 1.000 Euro plus einer Pauschale für die Sozialversicherung. Parallel dazu kann ein ERP-Gründerkredit der KfW beantragt werden, der günstige Zinssätze und tilgungsfreie Anlaufzeiten bietet. Um die Kreditzusage zu erleichtern, kann eine Bürgschaft der Bürgschaftsbank hinzugezogen werden, die bis zu 80% des Kreditrisikos absichert. Steuerliche Vorteile wie Abschreibungen oder spezielle steuerliche Vergünstigungen, etwa die Abschreibung nach § 7g EStG für kleine und mittlere Betriebe, können zusätzlich genutzt werden, um die finanzielle Belastung zu reduzieren. Der Prozess läuft dabei typischerweise wie folgt ab:

  1. Zuerst wird der Gründerzuschuss bei der Arbeitsagentur beantragt
  2. Parallel erfolgt die Antragstellung für den ERP-Gründerkredit über die Hausbank
  3. Die Bürgschaftsbank wird eingebunden, wenn die Sicherheiten für den Kredit nicht ausreichen
  4. Die steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten werden mit dem Steuerberater optimal geplant

Es ist ratsam, eine individuelle Finanzierungsstrategie mit professioneller Unterstützung zu entwickeln, die alle verfügbaren Förderungen optimal integriert und die jeweiligen Antragsfristen und -voraussetzungen berücksichtigt.

Praktische Übernahmeaspekte

Vorbereitung und Planung der Betriebsübernahme

Eine gründliche Vorbereitung ist das A und O einer erfolgreichen Betriebsübernahme. Dazu gehört eine umfassende Due-Diligence-Prüfung, bei der finanzielle, rechtliche und technische Aspekte des Unternehmens genau untersucht werden. Bewertungsmethoden wie der Ertragswert oder der Substanzwert helfen dabei, den realistischen Wert des Unternehmens zu ermitteln. Der Ertragswert basiert auf den zukünftigen Einnahmen des Unternehmens, während der Substanzwert die materiellen und immateriellen Vermögenswerte bewertet. Übernahmemodelle wie die schrittweise oder direkte Übernahme sollten ebenfalls sorgfältig abgewogen werden. Bei der schrittweisen Übernahme wird der Betrieb über einen definierten Zeitraum hinweg übernommen, was einen sanfteren Übergang ermöglicht und Risiken minimiert.

Rechtliche und arbeitsrechtliche Aspekte

Die rechtlichen Rahmenbedingungen einer Betriebsübernahme sind vielfältig. Dazu gehören die Vertragsgestaltung und die Klärung von Haftungsfragen. Ein solider Übernahmevertrag sollte alle relevanten Punkte wie Kaufpreis, Zahlungsmodalitäten und Haftungsklauseln detailliert regeln. Arbeitsrechtliche Besonderheiten, wie die Übernahme von Mitarbeitern und bestehenden Arbeitsverträgen, müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Es ist wichtig, sich über den Bestandsschutz der Mitarbeiter und mögliche Betriebsübergangsregelungen gemäß § 613a BGB zu informieren. Die Einbindung eines erfahrenen Rechtsanwalts kann dabei helfen, rechtliche Fallstricke zu vermeiden.

Digitalisierung und Innovation

Digitalisierung beim Betriebsübergang

Die Digitalisierung bietet zahlreiche Chancen, einen übernommenen Betrieb zu modernisieren und effizienter zu gestalten. Förderprogramme für die Digitalisierung wie „go-digital“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) unterstützen bei der Anschaffung von IT-Systemen und Software. Durch die Modernisierung von Produktionsprozessen oder dem Kundenmanagement kann der Betrieb wettbewerbsfähiger gemacht werden. Beispielsweise können digitale Werkzeuge wie CRM-Systeme (Customer Relationship Management) die Kundenbindung verbessern und die Effizienz steigern. Innovative Geschäftsmodelle, die traditionelle Handwerksleistungen durch neue Dienstleistungen oder Produkte ergänzen, bieten zusätzliche Wachstumspotenziale. Ein Beispiel wäre die Integration von 3D-Drucktechnologien in den Produktionsprozess.

Qualifikation und Weiterbildung

Unterstützung und Qualifikation für Übernehmer

Um einen Handwerksbetrieb erfolgreich führen zu können, sind bestimmte Qualifikationen erforderlich. Der Meisterbonus oder die Meisterprämie, die in vielen Bundesländern angeboten wird, kann dabei finanziell unterstützen. Der Meisterbonus belohnt Handwerksmeister mit einer einmaligen Zahlung nach bestandener Prüfung. Weiterbildungsprogramme, die speziell für Betriebsübernehmer konzipiert sind, sowie zusätzliche Qualifikationen in betriebswirtschaftlichen oder technischen Bereichen, tragen zur erfolgreichen Betriebsführung bei. Angebote wie die „Betriebswirt (HwO)“-Fortbildung der Handwerkskammer vermitteln wichtige Kenntnisse in Unternehmensführung, Controlling und Marketing.

Finanzierungsaspekte

Finanzierungsmodelle für Übernahmen

Neben klassischen Finanzierungsmöglichkeiten durch Hausbanken gibt es alternative Finanzierungsmodelle wie Leasing, Factoring oder Beteiligungskapital. Beim Leasing wird die Nutzung von Maschinen und Ausrüstung finanziert, ohne dass diese in das Eigentum des Unternehmens übergehen. Factoring ermöglicht es, Forderungen schneller in liquide Mittel umzuwandeln, indem sie an einen Factor verkauft werden. Crowdfunding-Plattformen bieten eine weitere Möglichkeit, Kapital zu sammeln, insbesondere für innovative Projekte oder spezielle Zielgruppen. Allerdings birgt Crowdfunding auch spezifische Risiken: Die verschiedenen Plattformen unterscheiden sich erheblich in ihren Geschäftsmodellen, Gebührenstrukturen und Erfolgsquoten. Zudem können Kampagnen trotz sorgfältiger Planung scheitern, wobei dann meist das gesamte zugesagte Kapital verfällt. Eine realistische Einschätzung des Finanzierungsziels und eine professionelle Kampagnenplanung sind daher essentiell. Eigenkapitalanforderungen und Bürgschaftsprogramme können ebenfalls wichtige Bausteine der Finanzierung sein. Bürgschaftsbanken bieten Bürgschaften an, um Kreditrisiken zu reduzieren und die Kreditwürdigkeit zu erhöhen. Mikrofinanzierungsprogramme unterstützen speziell kleine Handwerksbetriebe, die sonst keinen Zugang zu traditionellen Finanzierungsquellen haben.

Beratung und Unterstützung

Beratungs- und Unterstützungsangebote

Handwerkskammern bieten zahlreiche Beratungsleistungen für Betriebsübernehmer an. Diese reichen von betriebswirtschaftlichen Beratungen über rechtliche Fragen bis hin zu technischen Aspekten der Betriebsführung. Coaching- und Mentoring-Programme unterstützen strategisch und operativ, indem sie erfahrene Unternehmer als Mentoren zur Seite stellen. Netzwerke für Betriebsnachfolger bieten die Möglichkeit zum Austausch und zur gegenseitigen Unterstützung. Plattformen wie „nexxt-change.org“ bieten eine umfassende Datenbank für Betriebsübernahmen und ermöglichen den Kontakt zwischen Nachfolgern und Übergebern.

Praxisnahe Ergänzungen

Erfolgsgeschichten und Expertentipps

Erfolgsgeschichten von Betriebsübernahmen zeigen, wie Förderprogramme erfolgreich genutzt werden können. Beispielsweise berichtet ein Schreinermeister, wie er mithilfe eines KfW-Kredits und eines regionalen Innovationspreises seinen Betrieb modernisiert und erfolgreich weitergeführt hat. Expertentipps von erfahrenen Übernehmern und die Vermeidung häufig auftretender Stolperfallen sind wertvolle Ratgeber. Ein zeitlicher Ablauf einer Betriebsübernahme hilft bei der Planung und Umsetzung, indem er wichtige Meilensteine und Aufgaben strukturiert darstellt.

Zukunftsperspektiven und regionale Besonderheiten

Zukunftsperspektiven im Handwerk

Der demografische Wandel und die Nachfolgeproblematik in verschiedenen Gewerken sind Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Trends und Entwicklungen im Handwerkssektor wie die zunehmende Vernetzung, Automatisierung und die Nutzung von Datenanalysen bieten jedoch auch zahlreiche Chancen. Die digitale Transformation traditioneller Betriebe ermöglicht es, neue Märkte zu erschließen und die Effizienz zu steigern.

Regionale Besonderheiten und Netzwerke

Regionale Unterschiede zwischen Stadt und Land sowie spezielle Förderschwerpunkte müssen bei der Planung einer Betriebsübernahme berücksichtigt werden. Lokale Netzwerke und Unterstützungsmöglichkeiten können wertvolle Hilfestellungen bieten, insbesondere in strukturschwachen Regionen. Initiativen wie „Land(auf)Schwung“ unterstützen die Entwicklung ländlicher Räume durch gezielte Fördermaßnahmen.

Spezielle Zielgruppen

Besondere Zielgruppen bei der Betriebsübernahme

Frauen im Handwerk, Quereinsteiger, internationale Fachkräfte und junge Übernehmer unter 30 Jahren stehen oft vor besonderen Herausforderungen. Spezifische Förderprogramme und Unterstützungsangebote helfen, diese zu meistern. Programme wie „FRAUEN unternehmen“ fördern gezielt Gründerinnen und Betriebsübernehmerinnen und bieten Netzwerke und Mentoring-Programme. Quereinsteiger profitieren von speziellen Schulungs- und Weiterbildungsangeboten, die den Übergang in das Handwerk erleichtern.

Fazit

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte

Die Förderung der Betriebsübernahme im Handwerk bietet zahlreiche Möglichkeiten, die finanziellen und organisatorischen Herausforderungen zu bewältigen. Eine gründliche Vorbereitung und Planung, die Nutzung von Förderprogrammen und die kontinuierliche Weiterbildung sind entscheidende Faktoren für den Erfolg. Es ist wichtig, sich frühzeitig über alle verfügbaren Unterstützungsangebote zu informieren und diese strategisch zu nutzen.

Haben Sie weitere Fragen zur Förderung der Betriebsübernahme im Handwerk? Möchten Sie mehr über die verfügbaren Förderprogramme und deren Antragsprozess erfahren? Dann laden wir Sie ein, unseren ausführlichen Leitfaden zur Betriebsübernahme zu lesen!

Weitere Informationen zum Autor:

Thomas Zinycz
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